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das Anker Prinzip

In der Seefahrt kann das Fallenlassen des Ankers verschiedene Dinge bedeuten, wie zum Beispiel das Warten auf besseres Wetter, einen Notfall oder einfach nur das Liegen an einem Liegeplatz. Der Anker stellt Sicherheit her und hält das Boot in Position.

Was hat das Ganze mit Minimalismus zu tun?

Ich sehe immer wieder einen ganz starken Zusammenhang zwischen unserem persönlichen Sicherheitsbedürfnis und Besitz. Sicherheit ist ein starkes Grundbedürfnis. Viele Gegenstände, die wir besitzen haben auch die Aufgabe als Anker zu wirken. Wir können uns durch ein Foto oder ein Geschenk besser an einen geliebten Menschen, einen Urlaub oder an ein Konzert erinnern. Leider haben im Laufe unseres Lebens viel zu viele Dinge angehäuft, die nur diese Funktion haben. Sie erinnern uns an zahlreiche wichtige und unwichtigere Dinge und Erlebnisse und können uns somit auch Energie rauben. Deswegen ist mein Ansatz, sich dieser Funktion bewusst zu werden und an vielen Stellen darauf zu verzichten. Hierzu ein Beispiel.

Wie einige von euch wissen, liebe ich Musik. Ich könnte mich den ganzen Tag damit beschäftigen aus einem unendlichen Berg an Musik, schöne Playlisten für diverse Kontexte zu erstellen, egal ob für eine Bar, eine Hochzeit, zum Lernen oder bloggen. Einer meiner ersten Schritte auf dem Weg zum Minimalismus war, dass ich meine CD-Sammlung aufgelöst habe. An vielen dieser Silberscheiben klebten besondere Erinnerungen. An eine tolle Party Nacht, an einen geliebten Menschen, an eine besondere Situation.

Ich habe mir damals im ersten Schritt bewusst gemacht, dass ich die Musik nicht mehr besitzen muss, um mich an diesen Moment zu erinnern. Musik ist omnipräsent. Für 10 Euro im Monat hat man Zugriff auf sehr viel davon (auch wenn nicht jede Band im Musikstreaminggeschäft mit macht).

Der zweite Schritt ist, dass man den Anker loslässt. Wenn ich jetzt über Musik schreibe, kommen mir viele Begegnungen in den Sinn. Von meiner Tanzschulzeit mit 15, von einigen Hochzeiten, einer langen Nacht in einer tollen Bar, einigen Konzerten und noch vielem mehr.Es bedarf also nicht dem materiellen Gegenstand um diese Reise in meine Vergangenheit anzutreten, sondern nur eine aktive Beschäftigung damit.

Dieses Vorgehen kann euch auch bei den „sentimental Items“ helfen, den Erinnerungsstücken, von denen ihr euch trennen wollt, die aber für euch bedeutsam sind.

Ich bin gespannt auf eure Meinung! Könnte das für euch funktionieren? Habt ihr ein anderes Vorgehen oder weitere Tipps?! Und noch ein kleiner Nachsatz, für die, die mich nicht so gut kennen. Keine Angst, ich lebe nicht komplett ohne Anker und auch in keiner leeren Wohnung, aber mit mehr Raum für Erinnerungen und weniger Kram, den ich nicht mehr brauchte.

9 Kommentare

  1. Hallo Michael,

    ich finde, du hast das mal wieder wirklich schön zusammen gefasst. Besitz schenk Sicherheit. Oder zumindest bilden wir uns das ein. Denn ist es nicht eine viel größere Sicherheit, unabhängig zu sein? Das Gefühl zu haben, auf jede Situation reagieren zu können? Mir persönlich schenkt das viel mehr Sicherheit und der Minimalismus an sich auch viel mehr Selbstbewusstsein, als es all mein Besitz in den Jahren zuvor geschafft hat. Da fällt mir spontan das Thema „nur mit Handgepäck reisen“ ein. Man hat alle wichtigen Sachen den ganzen Weg über bei sich. Man braucht sich nicht so viele Gedanken beim Packen und beim Einchecken machen. Das Gepäck kann auch nicht aus Versehen verloren gehen. Und am Urlaubsort selbst ist man viel mobiler. Das ist doch wirklich sehr beruhigend und man kann mit viel mehr Sicherheit in den Urlaub starten und auch entspannt wieder zu Hause ankommen ^^.

    Liebe Grüße,
    Sarah

  2. Jessy

    Hallo,

    mir geht es da ähnlich.
    Ich habe schon vor einiger Zeit damit angefangen meine „Staubfänger“ und Sammlungen aufzulösen.
    Alle CDs und DVDs habe ich komplett verkauft oder verschenkt, weil es einfach so viele Möglichkeiten gibt die Sachen im Internet zu sehen/hören. Und die CDs standen sowieso die meiste Zeit im Regal, da ich nur über meinen PC Musik hörte.
    Auch dabei waren einige vermeitliche Erinnerungsstücke, aber ich muss sagen: Ich vermisse kein einziges davon.
    Auch Videospiele und Bücher, die ich durch hatte und die für mich keine extrem Interessante Handlung hatten habe ich entsorgt und auch diese vermisse ich nicht. Jetzt besteht mein Besitz in dieser Richtung nur noch aus einer Hand voll Konsolenspielen (weil es die eben nicht online gibt und sie gut sind), vielleicht 10 Büchern, 5 Blu-Rays und keiner einzigen CD; von vorher unzählig vielen. Und ich vermisse nichts.
    Ich habe nur gemerkt, dass es mir mit jedem Teil, das ich verkauft oder verschenkt habe besser ging.

    Auch Dekoartikel habe ich auf ein Minimum reduziert. Es ist einfach schöner, wenn man nicht alles vollstellt und auch einfacher Sauber zu halten. Die Zeit die ich vorher mit reinigen und verwalten meiner Sammlung „verschwendet“ habe kann ich jetzt sinnvoll für Sport oder zum lesen nutzen.

  3. Malte

    Ich frage mich in dem Kontext nur, ob nicht eigentlich der feste Besitz nur für einen dezentralen (Streaming) aufgegeben wird und ob das nicht an der Idee vorbei geht. Schließlich ist der Besitz noch da, nur eben nicht fest.

    • Hallo Malte,

      vielleicht ist das ein schlechtes Beispiel. Obwohl es ja nicht nur Dezentral ist. Wenn ich das Beispiel auf eine Bibliothek anwende, gehen noch andere Dinge einher. Wie zum Beispiel, dass Dinge länger genutzt werden, dass es einen gewissen allgemeinen Zweck unterstützt und ein Stück weit weniger Ressourcen genutzt werden.

      Was fallen dir noch für bessere Beispiele ein?

  4. Hallo Michael,
    mir ist schon klar, wie wichtig schöne Erinnerungen sind. Gerade jetzt als Vater von zwei Kindern, lerne ich das noch einmal ganz neu. Ein Anker kann einen aber auch irgendwann einmal in der Vergangenheit festhalten. Wenn er zu schwer wird, kriegt man ihn nicht mehr los und man erleidet vielleicht Schiffbruch? Will sagen, es gilt die richtige Balance zu finden zwischen schönen Erinnerungen und dem Leben in der Vergangenheit. Schade, wenn es irgendwann kippt und man nur noch in der Vergangenheit leben möchte, weil früher alles so schön war und es einem nicht mehr gelingt sich neue schöne Momente zu schaffen. Erinnerungen lassen sich übrigens auch gut über eine Unterhaltung oder eine Erzählung auffrischen. Das ist mir auch erst sehr spät im Leben bewusst geworden, häufig habe ich mich gefragt, warum auf Familienfeiern so häufig die gleichen Geschichten erzählt werden. Na eben, um sich zu erinnern. Gemeinsam. Ohne Foto zu zücken, ohne ein Video abzuspielen.

    Liebe Grüße,
    Marco

  5. Manuela

    Also, bei mir sind es nicht CDs oder Playlists, sondern Konzertkarten, Fotos, Erinnerungsstuecke in Papierform. Waehrend einer langen Reise habe ich mir angewoehnt, saemtliche Notizen, Gedanken, Konzertkarten, einzelne Fotos, Dinge die mich interessieren in ein Paperblank zu schreiben und alles, was da nicht reinkommt, wegzuschmeissen. Es wird eine Art Portfolio-Tagebuch, wobei man schoen sieht, mit was man sich alles beschaeftigt hat, und diese „Erinnerungskisten“, wo alles durcheinader fliegt (und man es auch nicht mehr so gut einordnen kann und nicht gerne reinschaut, da chaotisch), haben ein Ende.

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