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Liebesbriefe und andere Staubfänger

Als Studentin passte mein Besitz in einen Kastenwagen. Was fehlte mir damals? Richtig: Nichts!  Meine vielen Rucksack-Reisen im Süden. Jede Nacht unter freiem Sternenhimmel am Strand geschlafen. Diese Freiheit spürte ich nie wieder in meinem Leben, denke ich 20 Jahre später in meiner vollgestopften Wohnung. Was bringt mir der ganze Wohlstandsschrott?

Tonne auf! Ich halbiere mein Leben!
700 Dinge habe ich seitdem verkauft, verschenkt oder absichtlich verloren. Ich kann mich wieder spüren. Und sie ist wieder da. Hallo Freiheit!

Konsumpf
Ich wollte immer ein einfaches, reduziertes und freies Leben. Am liebsten im Bauwagen. Ohne überflüssigen Krempel und selbst inszenierten Verpflichtungen. Doch Kinder und Minimalismus passen nicht zusammen. Jetzt ist mein Girl 16. Ich  leiste mir den LUXUS und miste rigoros aus. Was brauche ich wirklich? Machen mich Statussymbole glücklich? Nein! Eine Nacht mit Freunden am Feuer? Ja! Besitz bindet Energie. Wenn ich Dinge loslasse, kann ich nur gewinnen.

Leben ohne Filter
Als Hochsensible empfange, und verarbeite ich mehr Reize aus der Umwelt. Eine überfüllte Wohnung mit unerledigten Aufgaben und selbst auferlegten Verpflichtungen ist Stress pur. Ich brauche weiße Wände, weiße Teller, weiche Textilien, indirektes Licht. Duftstoff-, lärm- und werbefrei. Doch: Wie geht das? So bin ich nachts auf deinen tollen Blog gestoßen, Michael. Das Lesen war wie ein Kurzurlaub.

Faszination Minimalismus
Als Kind hatte ich wenige Spielsachen. Das war das größte Geschenk. Danke, Mama! Ich war in einem kreativen Rauschzustand. Denn: Texterin wird man nicht. Das ist man schon. Und merkt es eines Tages.

Zen Buddhismus
Statt stressiger Tu Du – Listen, setze ich mir Legitimierungen: Was sind die 3 wichtigen Dinge heute? Welche 10 Sachen kaufe ich fürs Wochenende ein? Welche 6 Paar Schuhe, 8 T-Shirts, 5 Schals will ich besitzen? Träume brauchen Ausbildung: Mit 3 kurzen Sätzen überzeugte ich die Jury einer rennomierten Journalistenschule. Obwohl eine Seite Text verlangt war. Simplify your Message. Ein Text ist perfekt, wenn man nichts mehr weglassen kann.

Plastik im Blut
Blut auf meinem Teller. Wie kann ich intelligent konsumieren, dass ich keinem  schade? Ich bin wieder Vegetarierin. Wieso habe ich jahrelang weggesehen? Ich bitte um Verzeihung!  Meinen „Planet Plastik“ habe ich reduziert. Viele Möbel verschenkt. Endlich Platz zum Tanzen!

Was sich Minimalisten anhören müssen
„Du Mama, wo sind eigentlich unsere Möbel?… Isst du auch kein Hühnchen mehr, Mama? Du gehörst nicht mehr zu meiner Gruppe… Ist unsere Wohnung bald nur noch aus Keramik? Du übertreibst deine Rolle… Ich nehme meine Sachen mal lieber mit zum Papa.“

Dieser Beitrag ist ein Gastpost von Tanja Heller, Freie Texterin aus Siegen.   www.texterin-mit-biss.de

10 Kommentare

  1. Ich finde es schön, nun auch einmal einen ganzen Text von Dir zu lesen.
    Und grade der Abschnitt „Leben ohne Filter“ hat mich sehr angesprochen. Weil auch ich mit genau diesem Problem zu kämpfen habe. Das macht sich mehr durch meinen Umgang mit Medien als mit den Sachen in meiner Wohnung bemerkbar. Aber mittlerweile ist mein Hausstand so wenig geworden, dass ich erst jetzt merke, wie belastend und ablenkend all das Zeug war. Vielen Dank dafür, dieses Thema einmal angesprochen zu haben!

  2. Vielen Dank für die Einblicke in ein Leben das sich mehr und mehr von dem Gesellschaftskonsumgedöns verabschiedet. Mir gefällt das sehr gut, denn es geht ja nicht ums verzichten, sondern schlicht um das Weglassen von Dingen die derjenige nicht braucht. Gerade gut hat mir der Satz „Besitz bindet Energie“ gefallen, denn genau das ist es!! Je mehr man hat um so mehr muss man sich um das ganze Geraffel kümmern. Wir sind hier noch sehr am Anfang und gerade mit einer Familie mit fünf Kindern extrem schwierig hier mit dem Zeug herunter zu fahren was nicht gebraucht wird…. aus Sicher der Kinder ist ALLES überlebensnotwendig 😉 Dies Jahr haben wir es zumindest schon einmal geschafft, das Geschenke die es an Weihnachten gibt nicht gekauft werden… diese werden zu 100% selbst gemacht oder getauscht… und das funktioniert prima.

  3. Hallo – erst mal interessant, dass sich hier anscheinend viele Schreiberlinge angesprochen fühlen 😉
    Ich habe letztens einen Beitrag über Minimalismus im TV gesehen und wusste gar nicht, dass das, was ich schon seit Jahrzehnten praktiziere, einen Namen hat…
    Obwohl ich jetzt einmal einfach so behaupte, dass die Minimalisten „recht haben“, kann ich – gerade jetzt in der Weihnachtszeit, aber auch in meiner Familie – nicht feststellen, dass sich andere Menschen dieses Glück auch nur ansatzweise vorstellen können. Schade, schade, schade. Aber meine Missionarszeiten sind vorbei. Ich zähle schwer auf Euch, ihr junges Gemüse… 😉

  4. Gast

    Hallo!
    Ich glaube da gibt es ein ganz großes Missverständnis für das gesamte Thema.
    Es kommt nicht auf die Menge oder den Wert der Besitztümer an sondern wie man dazu steht. Besitz bindet eben dann keine Energie wenn man gelassen den Dingen gegenüber steht.
    GELASSENHEIT ist das Zauberwort.
    Das ist es was den Menschen fehlt. Wenn man Gelassenheit allen seinen Dingen gegenüber stellt, ist man auch mit 10 000 Dingen absolut frei.
    Erst dieser innere Frieden läßt Menschen den richtigen Bezug zu Dingen erleben und da spielt die Menge und der Handelswert der Dinge keine Rolle mehr.

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