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Wenn die Welt einstürzt…

… baue ein Gerüst. Auf dem Rückweg von der Arbeit fahre ich oft über die Rheinbrücke in Leverkusen. Sie ist seit geraumer Zeit für Lkws gesperrt und baufällig. Kein Wunder, diese Brücke wurde gebaut in einer Zeit, wo man sich nicht vorstellen konnte, wie viele Autos in Deutschland durch die Gegend fahren. Außerdem hat der Güterverkehr zugenommen und die Last pro Lkw ist auch deutlich gestiegen. Diese Dauerbelastung mach dem größten Bauwerk aus Stahl und Beton zu schaffen, egal wie sauber es einmal geplant, konstruiert und gebaut worden ist.
Genau, wie eine Brücke nach 50 Jahren schon einmal etwas wackelig werden kann, kann uns Menschen die Summe der Ereignisse eines Lebens aus der Bahn werfen.
Wir stehen unter Strom, sind angespannt und stört einfach die Fliege an der Wand. Jeder kennt diese Situationen und weiß manchmal keinen Ausweg, außer sich Luft zu machen und seine miese Stimmung an anderen Menschen abzuarbeiten. Dies macht zwar nichts besser, aber wenigstens sind die anderen auch etwas schlechter drauf als zuvor.

Ein andere Weg, mit dieser Last umzugehen, ist, sich auf das zu besinnen, was die Basis ist. Das Gerüst, auf dem alles andere aufbaut. Es ist wichtig zu verstehen, was seine Basis ist, sein Rückzugsort. Für mich ist es eigentlich meine Wohnung. In den letzten Wochen war ich allerdings so viel unterwegs, teils, weil so viel zu tun war und teils, weil ich dem Chaos zu Hause entfliehen wollte. Ich habe mich abgelenkt und Zerstreuung gesucht, ohne diese wirklich finden zu können.
Gestern Abend bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Prio Nr. 1 nun ist. Meine Wohnung aufzuräumen, alle Flächen zu leeren und sie zu der klaren Struktur zurückzuführen, die sie hat, kurz bevor mal wieder jemand mit einer Kamera vorbei schaut oder zum Beispiel meine Mutter zu besuch kommen würde.
Das soll jetzt nicht heißen, dass es bei mir aussieht wie in einer Messie Wohnung. Aber es ist der Punkt überschritten, zu sagen. Ich fühle mich wohl.
Wenn eurer Rückzugsort oder eure Basis nicht die Wohnung ist, sonder etwas anderes, könnt ihr diesen Prozess natürlich auch darauf anwenden.
Aus meiner Beschäftigung mit chinesischen Bewegungskünsten habe ich praktisch erfahren wie sehr das Äußere, das innere Beeinflussen kann und das die meisten Prozesse von außen nach innen ablaufen. Wir sprechen in einer Kirche leiser miteinander, weil der Raum hallt oder wir können uns in einem Fitnesscenter mehr auf Sport konzentrieren, weil die Umgebung dafür geschaffen worden, darin zu trainieren. Ich glaube das dieser Umstand so trivial ist, dass wir ihm gar nicht die richtige Bedeutung beimessen. Diese kann nicht zu hoch eingeschätzt werden.

Ich wünsche euch, dass ihr euer Fundament stützt und zurück zur Basis kommt. Ich würde mich freuen, wenn Ihr eure Gedanken dazu in Form von Kommentaren, oder Emails an mich teilt.

5 Kommentare

  1. Jana

    Hey Michael,

    danke für diesen Beitrag.
    Im Moment ist bei mir das Gerüst sehr am wackeln und mein Zimmer ist kein wirklicher Rückzugsort. Auch die Natur hier bietet mir nicht das was ich gerne hätte. Nur die Menschen, doch reicht das?
    Manchmal denke ich, dass ich für diese Basis nicht geschaffen bin. Es gibt bisher nur einen Ort, welcher daran kommt, doch da kann ich nicht leben.
    Oder zufrieden sein mit dem was man hat? Mit einem Zimmer direkt an der stark befahrenen Straße in dem ich nicht konzentriert arbeiten kann? Mit einer Natur ohne nahe Berge und richtigem Wald, so dass es mir schwer fällt mal die Seele so richtig baumeln zu lassen? Aber schafft man das? Ich kann doch nicht alle paar Monate umziehen…..

    Bin mal auf die anderen Kommentare gespannt.

  2. Ich stehe hier gerade draußen zwischen weiten Feldern und Habe deinen letzten Post gelesen. Ich glaube, du hast recht. Das Äußere bestimmt unser Inneres viel mehr als wir uns vorstellen können. Allerdings beeindrucken mich Menschen, deren innerer Frieden oder ihre Ausgeglichenheit nicht von Äußerlichkeiten abhängig ist. Aktuell leben wir in einer Wohnung, die mir so gar nicht entspricht. Ich sehne mich sogar danach auf die Baustelle zu ziehen. Obwohl es absolut gar nicht komfortabel ist, dreckig und noch lange nicht eingerichtet. Aktuell will ich lieber auf einem Zweiplattenherd kochen als in der voll ausgestatteten Küche, die ich jetzt habe. Aber was sagt das dann über mich aus? So mancher in meinem reallife schüttelt den Kopf über mich. Aber das wünsche ich mir. Ich habe die Hoffnung dort mehr zur Ruhe zu kommen. Auch der Rest der Family. Gerade wünschte ich, weniger abhängig von meiner Umwelt zu sein und beneide Menschen, die überall zurechtkommen und dabei entspannt bleiben. In sich und mit sich im Reinen.

  3. Hallo Michael,

    schönes Bild mit der Brücke. Hab auch an dich gedacht und wie es dir geht. Ich finde Zerstreuung gut und auch wieder sich zu erden. Mir tut dann putzen gut. Das sortiert mich. Vielleicht werde ich jetzt auch alt, aber ich frage mich, was suchen die Leute unterwegs, was sie bei sich nicht finden können? Die, die nur rumziehen ohne festen Wohnsitz. VW Bus und so. Nach 15 Umzügen belastet mich eine Wohnung nicht. Ich mag sie ja. Andererseits hänge ich nie Lampen auf, damit die Wohnung nicht fertig aussieht. Wollte ja wieder den Studentenstatus. Ich bin eine Chaosstifterin. Auf neuen Wegen wackelt ’s auch bei mir. Die Fliege an der Wand ist für mich gerade das Internet. Ich bin zu viel „on“. Nur abstellen, wie geht das?

    Liebe Grüße – Tanja

  4. Hallo,

    als jemand, der „alle paar Monate“ umzieht, ist mein Basis auch eher ortsunabhängig. Dabei habe ich eher zwei Basen: Einerseits sind das meine Liebsten. Gespräche und gemeinsame Zeit mit ihnen erdet mich. Andererseits bin ich das selbst. Wenn ich mal allein bin und meine Ruhe habe, finde ich wieder zu mir zurück – egal, wo ich bin.

    Alles Liebe,
    Philipp

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